Es gibt keine deutsche Leitkultur, sondern das Deutsche ist bereits auch multikulturell. Hierzu eine Glosse aus „Deutschland, deine Schwaben“. Ein Norddeutscher verklagte vor einem württembergischen Gericht einen Schwaben wegen Beleidigung durch den“schwäbischen Gruß“ aus Götz von Berlichingen. Auf die Frage des Richters,ob er noch wisse, in welchem Tonfall dieser Gruß
fiel, musste der Kläger passen. Die Klage wurde daraufhin abgewiesen, da dieser Gruß im schwäbischen verschieden, sogar als Begrüßung oder erstaunter Ausruf verwendet werde.
Eine der großen Visionen unserer Tage definiert sich über Interkulturalität. Damit steht ein Begriff in der Landschaft, der durch seine bloße Existenz große Illusionen herstellt, die mit ihm selbst gar nicht zu realisieren sind. Das Bild von Interkulturalität ist nämlich keine reale Komposition, sondern die Existenz des Nebeneinanders, des sich vielleicht auch gegenseitigen Durchdringens, aber nicht die Möglichkeit der Simultanität. Eine Gesellschaft, die sich multikulturell nennt, bietet die Lebens- und Existenzmöglichkeit für verschiedene, unterschiedliche Kulturen, ohne andere um dieser Möglichkeit willen zu diskriminieren. Allein dieses ist schon sehr selten, denn die gleichzeitige Existenz verschiedener Kulturen auf gleichem Raum ist in der Regel verbunden mit Momenten der Diskriminierung.
Multikulturalität an sich ist jedoch nicht der Zustand kultureller Konkordanz, also einer einträchtigen gemeinsamen Existenz, sondern schlicht und einfach eine Kompetenz. Multikulturalität als Kompetenz bedeutet, die wesentlichen Merkmale der anwesenden Kulturen bestimmen zu können und in der Lage zu sein, zwischen diesen zu…
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